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Wohneckhaus Kasernen-/Görnitzer Straße, 1902, Stadtarchiv Borna
Wohneckhaus Kasernen-/Görnitzer Straße, 1902, Stadtarchiv Borna

Begonnen hat alles, als im Jahre 1901 der damalige Ratskellerpächter und Fleischbeschauer Adolf Zimmer einen Antrag für eine Schankkonzession beim Stadtrat stellt für eine Gastwirtschaft in seinem neu erbauten Eckhaus Kasernenstraße/Görnitzer Straße (seit 1904 Bahnhofsstraße). Doch die Stadt lehnt ab.
Zimmer lässt nicht locker und stellt immer wieder neue Anträge. 1902 beabsichtigt er sogar ein Hotel einzurichten. Es soll den Namen „König Georg von Sachsen“ tragen. Aus diesem Grund schreibt er auch einen Brief an den König um Genehmigung der Namengebung.
Doch von Seiten der einzigen Hotelbesitzer in Borna, der Familie Schilling, Besitzer des Hotel „Blauer Hecht“, kommen Beschwerden an den Stadtrat, da schon kaum ihr Hotel ausgelastet ist, macht es keinen Sinn ein zweites Hotel in der Stadt zu genehmigen. Der Stadtrat folgt der Beschwerde und lehnt das Gesuch von Adolf Zimmer erneut ab.
Zimmer lässt sich nicht Entmutigen und stellt weiter Anträge. Ob es der Stadt dann allmählich zu viel wurde, weiß man nicht, jedoch am 23. Februar 1903 erteilt der Stadtrat Adolf Zimmer die Konzession, aber nur für einen Kaffeeausschank.
Damit nicht ganz zufrieden, eröffnet er am 1. März 1903 die Kaffeestube „Zum Reichsbanner“. Da das Kaffeegeschäft kaum zum Überleben reicht stellt er weiter Anträge für eine Schankkonzession.

Eröffnungsanzeige aus dem Bornaer Tageblatt, 1903
Eröffnungsanzeige aus dem Bornaer Tageblatt, 1903

In einer der Anträge aus dem Jahre 1904, kurz nach Eröffnung des neuen Bahnhofs, heißt es: „er Grund mit welchen der geehrte Stadtrat mein letztes Gesuch abgelehnt hat, ist ganz und gar nicht stichhaltig, deshalb, weil man nur an, vom und zum Bahnhof verkehrendes Publikum gedacht und gar nicht an Bezirkssteuer, Garnisonregiment, Landwehrkommando, Militärlazareth, Reserven, Kornspeicher und Kreuzung dreier Straßen mit großen Geschirr und Personenverkehr ohne Bahnhof, wie auch nicht einen ganzen Stadtteils mit mehr denn 1000 Einwohnern, darin nur ein einziges Restaurant bis jetzt gleichsam das Monopol besitzt, während innerhalb der Stadt an unsere Stelle zwei und drei Restaurants zusammenliegen in einer Bevölkerung von kaum 100 Köpfen – berücksichtigt ist.“
Damit hat er es geschafft, kurze Zeit darauf erhielt er die Konzession für eine Schankwirtschaft mit einigen Bedingungen. Darin steht zum Beispiel unter Punkt 2: „Der Schankwirtschaftsbetrieb darf nur in den Paterre-Eckzimmer und den zwei rechts und links davon gelegenen Zimmern stattfinden; die Ausdehnung der Schankerlaubnis  auf andere Räume bleibt in jeden Falle der Entschliessung des Stadtrats vorbehalten.“
Die Genehmigung zum Ausschank von Cognac, Grog und Glühwein folgte mit der Auflage den Verkauf der genannten Getränke an Betrunkene, Almosenempfänger und solcher Personen zu enthalten.

Gasthaus zum Reichsbanner, 1917
Gasthaus zum Reichsbanner, 1917

Die Restauration „Zum Reichsbanner“ wird in Laufe der Zeit eine beliebte Gastlichkeit. Vor allem für die Karabiniers in der Nahen Kaserne, aber auch für die Bevölkerung die vom Bahnhof kommen ist die Restauration der Erste Aufenthalt auf dem Weg zur Stadt. So trifft sich hier regelmäßig im Vereinszimmer die Ulanervereinigung für Borna und Umgebung. Am 1. Oktober 1911 übernimmt pachtweise der aus Deutzen stammende Paul Friedrich den „Reichsbanner“.
Doch schon zwei Jahre später kauft der seit 1900 im Karabinier-Regiment dienende Gottlob Locke das Grundstück. Doch er wird mit dem Restaurant nicht glücklich, letztendlich verleumdet man ihn, er solle „heimlich einen Puff“ im Gasthaus betreiben. Von der Leipziger Kriminalpolizei konnte das nie bewiesen werden, doch Locke reicht es und er verkauft 1929 das gesamte Grundstück mit der Restauration an Karl August Zeschnick. Er nimmt erstmals Umbauten am Gebäude vor. „Der von mir vorgenommene Umbau machte sich notwendig, um die weit heruntergekommene Wirtschaft einigermaßen in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen.“ Dabei wird auch das Dachgeschoss ausgebaut und eine Tanzdiele wird eingebaut.
Nach der Wiedereröffnung nennt er die Gastwirtschaft „Zu den drei Rosen“. 1930 erhält er die Erlaubnis Tanzvergnügungen zweimal die Woche durchzuführen. Neben dem Kaffee „Haussmann“ und dem Gartenlokal „Genfer See“ war man damit die dritte Tanzgaststätte in Borna. Im April 1936 erwirbt käuflich der aus Neukieritzsch stammende Gastwirt Alfred Müller das Gebäude mit Gasthaus und will dieses in „Friedensburg“ umbenennen. Doch er nimmt von den Vorhaben wieder Abstand. Mit ihnen ist das schwärzeste Kapitel in der Geschichte der Gastwirtschaft verbunden. Schon bald gibt es Anzeigen wegen Überschreitung der Polizeistunde und wegen sexueller Nötigung an einem minderjährigen Dienstmädchen. Dieser Vorwurf stand bei den Müllers nicht das erste Mal, schon 10 Jahre vorher als sie den Gasthof in Plateka hatten, wurden sie mit dem Vorwurf  konfrontiert, die Kellnerinnen dazu animierten mit Gästen Geschlechtsverkehr auszuüben, um den Umsatz zu steigern. Während der Untersuchungen wurde festgestellt, das auch andere Bedienstete mit Wissen der Wirtin Beischlaf mit Gästen für Geld hatten. Die Wirtin die die Geschäfte führte, bestritt jedoch alles ab. Mit Wirkung vom 1. Juli 1939 wird die Erlaubnis zum Betreiben der Gastwirtschaft „Drei Rosen“ dem Herrn Müller entzogen, mit der Begründung das die Ehefrau des Wirtes „aus reinem Eigennutz z.T. noch jugendliche Angestellte in gröblicher Weise sittlich gefährdet hat, anstatt Sie vom Betrieb in ihrer Schankwirtschaft fernzuhalten, und darüber hinaus auch den anderen Angestellten fast ausnahmslos das Ansinnen gestellt hat, unsittliche Handlungen seitens der Gäste einfach zu dulden, um damit Gewinn zu erzielen ...“
Trotz des Endzuges der Schankkonzession versuchte Alfred Müller die „drei Rosen“ weiterzuführen, doch erhielt keine Berechtigung mehr. Er sollte sich einen neuen Pächter suchen. Doch das erwies sich als schwierig, die wirtschaftliche Lage in Deutschland war nicht gerade rosig und dann hatte sich am 1. September 1939 das „Dritte Reich“ sich in einen neuen Krieg gestürzt.

Gaststättengrundriss, 1940, Stadtarchiv Borna
Gaststättengrundriss, 1940, Stadtarchiv Borna

Erst im Januar 1940 erhielt vorübergehend Ferdinand Baumann die Erlaubnis zur Weiterführung der Gastwirtschaft. Doch bereits im März selben Jahres kauft der aus Görnitz stammende Gastwirt Albert Gärtner, der zuvor eine Gastwirtschaft in Berlin betrieb, die Gaststätte mit Wohnhaus.
Doch es gibt Schwierigkeiten mit der Schankkonzession. In einem Bericht der Deutschen Arbeitsfront (DAF) wurde festgestellt: „hatte Gärtner vor Machtübernahme ein Kommunistenlokal gehabt ... Er selbst gilt politisch nicht als zuverlässig.“ Es wurde ersucht das Gärtner sich schnellstmöglich sich einen geeigneten (!) Pächter sucht. Nach einigem hin und her, wird Max Karthe, Besitzer des Gasthauses „Stadt Altenburg“, als Pächter eingesetzt. 1944 wird Karthe zur Wehrmacht eingezogen, daher führte seine Frau das Gasthaus weiter. In den letzten Kriegstagen herrscht in den Schulen Platznot, da dort die Lazarette untergebracht sind. So beschlagt am 21. März 1945 der Landrat das Vereinszimmer der „drei Rosen“, um darin ein Teil der Schüler Staatlichen Oberschule (heute: Gymnasium „Am breiten Teich“) Unterricht zu geben. Ob es noch zur Durchführung des Unterrichts kam, ist nicht bekannt, denn zwei Monate später war der Krieg aus. Max Karthe kam im September aus der Kriegsgefangenschaft zurück und erhielt sofort die Erlaubnis zur Weiterführung der Gastwirtschaft. Am 26. September 1946 wird vom Kommunalen Frauenausschuss eine Nähstube im Vereinszimmer eingerichtet.
In der LVZ ist darüber zu lesen: „Gern folgen wir der Einladung der Leiterin der Nähstube des Kommunalen Frauenausschusses und nehmen einmal Einblick in die vielseitige Arbeiten der zu einer aktiven Arbeitsgemeinschaft vereinigten freiwilligen Helferinnen der Volkssolidarität. Seit dem 23. September befindet sich die Nähstube in der Gastwirtschaft ,Drei Rosen’, deren Besitzer verständlicherweise unseren Frauen den erforderlichen Raum unentgeltlich zur Verfügung stellte. Die Wirtin zeigt auch viel Verständnis für die Aufgaben der Nähstube und betreut die fleißigen Näherinnen in mütterlicher Weise mit Heißgetränken. Den Frauen macht die Arbeit in der Nähstube trotz der persönlichen Opfer Freude. Obwohl im Oktober nur 2 Maschinen zur Verfügung standen, konnten in wenigen Wochen 25 Hemden für Heimkehrer, 1 Kleid, 1 Joppe, 1 Frauenjacke, 4 Mantelschürzen angefertigt und viele Bekleidungs- und Wäschestücke ausgebessert werden.“ Der Gaststättenbetrieb läuft mehr recht als schlecht dahin, von Seiten der Stadt werden immer mehr Knüppel zwischen die Beine geschmissen, bis Max Karthe aufgibt. Am 22. Dezember 1952 meldet er das Geschäft ab.

LVZ-Anzeige zur Eröffnung des „Automat“, 1960
LVZ-Anzeige zur Eröffnung des „Automat“, 1960

Impressionen von der Eröffnung, 1960
Impressionen von der Eröffnung, 1960

Für einige Jahre bleibt die Gaststätte geschlossen bis 1960 die HO (Handelsorganisation) Borna die Räumlichkeiten übernimmt und am 1. Dezember 1960 darin eine Selbstbedienungsgaststätte eröffnet. Daher erhält sie auch ihren Namen „Automat“. Die LVZ schreibt dazu: „Dadurch wird das Gaststättennetz unserer Kreisstadt um eine Gaststätte von besonderen Charakter erweitert. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine Automatengaststätte, in der sich der Gast selbst bedienen kann. Er hat dabei auch die Möglichkeit, seine Getränke aus einem aufgestellten Automaten selbst zu entnehmen. Die Gaststätte ist für den eiligen Gast gedacht, obwohl sie natürlich auch zu einem längeren Aufenthalt einlädt. Neben einem umfangreichen Angebot an kalten und warmen Speisen, werden Ihnen an unserer Milchbar auch alkoholfreie Getränke angeboten.“
Die heutige Seniorchefin Waltraud Lungwitz begann hier 1963 als Serviererin. Ihr Mann Rudolf kommt 1969 dazu und wird 1971 Gaststättenleiter. Der „Automat“ wird schon bald zum Inbegriff von schnellen und preiswerten Essen. Dabei spielt die Essensversorgung für die anliegenden Betriebe eine wichtige Rolle. So wird auch die LVZ darauf aufmerksam und schreibt in ihrem Artikel „Visite im Automat“ von 1987: „Was wunder, daß vor allem mittags unzählige Werktätige dorthin in Schritte lenken. 450 bis 500 Essenportionen bestimmen täglich den Aufwand. Zahlreiche Kollektive von Verwaltung und Einrichtungen zwischen Bahnhof und Fernmeldeamt geben sich überdies die Klinke in die Hand, mehrere Einrichtungen werden direkt beliefert.“

Küchenkollektiv, um 1975
Küchenkollektiv, um 1975

Nach umfangreichen Restaurationsarbeiten erhält die Gaststätte im November 1988 ihren alten Namen wieder zurück und heißt Buffet „Drei Rosen“. Mit der politischen Wende 1989 erhält die Familie Lungwitz die Möglichkeit das Gebäude mit Gaststube von der Treuhand zu erwerben.
Am 1. Dezember 1990 ist es soweit, der Kaufvertrag war unterschrieben. Nach umfassenden Baumaßnahmen am gesamten Gebäude wurde 1992 das Hotel „Drei Rosen eröffnet. Damit ging nach 90 Jahren der Traum von Adolph Zimmer in Erfüllung, der schon damals in dem Gebäude ein Hotel unterbringen wollte.
Heute gehört das Hotel mit seiner Gastwirtschaft zu des renommiertesten Gastlichkeit in Borna und das Gästebuch kann schon auf viele Stars und Sternchen verweisen, die sich hier wohl fühlten. Heute wird das Gasthaus von den Söhnen Karsten und Thomas Lungwitz erfolgreich weitergeführt.

Ansichtskarte von 2001, Verlag Bild und Heimat Reichenbach/V.
Ansichtskarte von 2001, Verlag Bild und Heimat Reichenbach/V.