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Er wurde am 22. März 1889 in Angerburg/Ostpreußen geboren. Er stammte aus einer Familie mit neun Brüdern und einer Schwester. Zwei Brüder überlebten den Holocaust.

1914 kam Georg Motulsky mit seinem Bruder Paul nach Borna. Vorher müssen beide in Breslau gelebt haben, wo sie auch jeweils eine Familie gründeten. Paul war der Inhaber eines Textilgeschäftes in der Kirchstraße 2, in dem Georg Motulsky mit arbeitete. Georg und seine Ehefrau Klara Motulsky geb. Rosenthal wohnten über dem Textilgeschäft.

Motulsky kämpfte als Soldat im Ersten Weltkrieg. Im März 1933 trat er in den Reichsbund jüdischer Frontsoldaten ein.

Das Textilgeschäft war eine angesehene Adresse in Borna. Es führte Konfektionswaren (Textilien, Wäsche, Stoffe). Es war ein Familienunternehmen mit vielen Filialen in Sachsen. Wobei das Unternehmen von Dresden aus geleitet wurde. Filialen bestanden in Dresden, Löbau, Grimma und Borna. Dadurch konnte man preiswert Ware anbieten. Als 1928 sein Bruder Paul die Geschäftsführung aufgab und mit seiner Familie nach Dresden ging übernahm Georg Motulsky das Geschäft und führte es bis 1938. „In diesem Geschäft arbeiteten 11 nichtjüdische Angestellte, die aufgrund des hohen Verkaufsumsatzes bessere Löhne erhielten als bei anderen Geschäftsinhabern Bornas. Dazu erhielten sie 20 % Rabatt von jeder Ware, dies sie selber kauften. Für Kinder von Kunden hielt man im Geschäft farbige Kinderhefte, Luftballons usw. zum Verschenken bereit. Die Kundschaft bestand vorwiegend aus Arbeitern. Aber auch wohlhabende Bornaer kauften hier ein. Bereits vor 1933 gab es ,christliche' Geschäftsführer, die Motulski nicht wohlgesonnen waren ... Als die Nazis am 1.4.1933 zu einem Boykott jüdischer Geschäfte aufriefen, gab es sofort Folgen für Motulskis. Ein ,christlicher' Textilgeschäftsinhaber (wahrscheinlich Textilgeschäft Lehmann in der Kirchstraße; Anmerk. Autor) ganz in der Nähe des jüdischen Kaufhauses stellte sich an jenem Tag vor das Geschäft von Motulski und versuchte die Kunden am Einkauf zu hindern. Dieser Mann notierte (fotografierte) alle, die sich nicht abhalten ließen. In der Folgezeit blieb die ,bessergestellte' Kundschaft aus ... Kurz vor der Pogromnacht am 9.11.38 werden Motulskis gewarnt: ,Sie müssen weg. Es soll was passieren!' Sie gehen zu Freunden nach Leipzig.“ (Augenzeugenbericht Irmisch) Zu diesem Zeitpunkt hatten Motulskys das Geschäft schon verkaufen müssen.

Am 1. November 1938 übernahm offiziell der Zahnarzt Adolf Waage im Rahmen der „Arisierung“ das Geschäft von Georg Motulsky. Da die Bornaer Bürger und SA davon noch nichts wussten, wurde am 10. November 1938 das Geschäft und die Wohnräume von Georg Motulsky zerstört. Somit hatte man eigentlich „deutsches Eigentum“ zerstört. Am Ende konnte Waage sein Geschäft erst am 5. Dezember 1938 eröffnen. Georg Motulsky wurde am 12. November 1938 mit anderen Bornaer Juden inhaftiert und kam ins KZ. Sachsenhausen. Hier war er bis zum 20. Dezember 1939. Aufgrund des Gesetzes „Über die Mietverhältnisse mit Juden“ von 1939 verlor er seine Wohnung und zog mit seiner Frau in das Alters- und Pflegeheim Judenhaus Färberstraße 11. In der Zwischenzeit ist seine Ehefrau Klara in Leipzig verstorben. Am 20. September 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert (Weimar-Transport XVI/1 Transport-Nr. 307). Von hier kam er mit einem Transport am 1. Oktober 1944 ins KZ Auschwitz, wo er wahrscheinlich nach der Ankunft vergast wurde.

Anzeige aus dem Adressbuch der Stadt Borna, 1929
Abb.: Anzeige aus dem Adressbuch der Stadt Borna, 1929

 

Kalender mit Werbung des Kaufhauses Motulsky, 1937
Abb.: Kalender mit Werbung des Kaufhauses Motulsky, 1937

 

Kofferschild von Georg Motulski
Abb.: Einige der Gegenstände, die Jiri Smutny und Jolana Tothova auf dem Dachboden ihres Hauses gefunden haben. © Deutschlandradio / Kilian Kirchgeßner

 

Quellen:

Adressbuch der Stadt Borna 1922, 1929; Ellen Bertram; Menschen ohne Grabstein - Die aus Leipzig deportierten und ermordeten Juden; 2001;

Stadtarchiv Borna; Kartei Beantragung Reisepass 1936-38;

Interview mit Helene Irmisch 2001 (ehem. Verkäuferin bei Motulsky), Bundesarchiv – Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der  nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945;

Aussagen von Siegfried Naß (Borna); Augenzeugenbericht im Nachlass Bürgermeister Ulbricht (Museum Borna);

Sächsisches Staatsarchiv Leipzig. Reichsbund jüdischer Frontsoldaten e.V. Ortsgruppe Leipzig. Mitgliederliste. 01.10.1938, PP-V Akte, Nr. 4508.

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_mid_420919.html

https://www.deutschlandfunkkultur.de/ehemaliges-konzentrationslager-theresienstadt-sucht-eine-100.html