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König Friedrich August III. von Sachsen (1865-1932)

"Dr Geenich kommt" - So schalte es Anfang April durch die Straßen von Borna.

Lange hatte man darauf gewartet, über 30 Jahre hatte sich kein Staatsoberhaupt mehr sehen lassen. Das soll nicht heißen das die Könige oder die Prinzen nicht in Borna waren. Doch wenn sie kamen, fuhren sie schnellstens durch Borna in Richtung Exerzierplatz im Großen Fürstenholz und besuchten dort ihr geliebtes Karabinier-Regiment. Zu mehr war nie Zeit.
Nun endlich war es so weit, unser geliebter „Geenich“ Friedrich August III. von Sachsen kam ganz offiziell zu einem Königsbesuch in die Stadt Borna. Man war hoch erfreut, war er und ist es auch heute noch, nach August dem Starken, der beliebteste König der Sachsen. Er war volksnah, manchmal etwas verschroben. Er war mehr Mensch als König, was er auch nie richtig sein wollte und wegen seines Lebenslauf und –erfahrungen  war er bei seinen Landeskindern um so mehr beliebt.
Geboren wurde er am 25. Mai 1865 als ältester Sohn des Herzogs Georg von Sachsen, dem späteren König Georg. Er hatte eine schwere Zeit bei seinem Vater, die Erziehung war hart. Er studierte Staats- und Rechtswissenschaften und am 21. November 1891 heiratete er Luise von Toscana, die Erzherzogin von Österreich.
Aus dieser Ehe gehen vier Kinder hervor. Doch sein Glück hält nicht lange an. Als er im Jahre 1902 sein Vater unerwartet König wurde und er den Befehl über das XII. Armeekorps übernahm, brennte seine Frau mit dem Sprachlehrer Giron durch und lässt ihn mit den Kindern allein. Der Skandal! Doch die Sachsen standen zu ihren Prinzen, diese Ereignisse machten ihn nur noch menschlicher und sie halfen ihm seine letzte Tochter, die die Prinzessin mitgenommen hatte, zu bekommen. Und wie die Sachsen so sind, versuchten sie auch noch eine neue Ehefrau für ihren zukünftigen „Geenich“ zu bekommen. Es kam regelrecht zu einen Wettstreit zwischen der Residenzstadt Dresden und der Wirtschaftsmetropole Leipzig. Die Leipziger hatten noch was gut zu machen. Sie hatte die Prinzessin nach ihrer Flucht in ihren Mauern aufgenommen. Doch der „Gutste“ lehnte alle Angebote seiner zukünftigen Landeskinder ab. Nun erzog er seine Kinder selber und wurde am 15. Oktober 1904 König aller Sachsen. Doch vorher wurde noch Hochoffiziell die Scheidung von seiner Frau vollzogen!
Doch nun wieder zurück zum Königsbesuch. Wie schon gesagt, die Bornaer habe lange auf einen Besuch des Sachsenkönigs gewartet. Um so erfreulicher war es, als Anfang April bekannt wurde das der „Geenich“ kommt. Borna wurde herausgeputzt und beflaggt.
So schrieb das Bornaer Tageblatt am 5. April: „Die Rüstungen zum Bornaer Königstage beginnen nunmehr in die Erscheinung zu treten. Die Ausschmückung des Rathauses hat man in Angriff genommen. Einem wiederholt kundgegebenen Wunsche des Landesherren gemäß wird der offizielle Festschmuck der Stadt auf ein bescheidenes Maß beschränkt bleiben.“ Das war typisch August Friedrich, der immer bescheiden bleiben wollte, „bloß geen Rummel um mich.“ Weiter schrieb das Tageblatt: „Es ist abgesehen von der Dekoration des Rathauses und der Wache, an der Abzweigung Lobstädter Straße von der Bahnhofsstraße  eine Art Portikus aus Blumenkörbe tragenden Pylonen geplant, und von hier ab bis zum Marktplatz soll die Straße abwechselnd mit Fichten und Flaggenmasten eingefasst werden.“
Am 10. April 1907 war es soweit, „der Königstag Bornas ist nunmehr angebrochen, ein Tag hoher Ehre und aufrichtiger Freude  für die Einwohnerschaft  unserer Stadt  und des Bezirkes der nach ihr benannten Amtshauptmannschaft.“

Empfang des Königs Friedrich August III. auf dem Marktplatz

Der 10. April 1907 war der Königstag für Borna. Alle warteten sie auf ihren „Geenich“ schon seit frühsten Morgenstunden. „Unter dem Läuten der Glocken, dem Dröhnen von Böllerschüssen und den begeisterten Ovationen seiner hiesigen Landeskinder  hat der König Friedrich August heute mittig ½ 1 seinen Einzug in unsere reichen Festschmuck tragende Stadt gehalten.“
So schrieb das Bornaer Tageblatt, das aus Anlass des Tages erst am Abend des Königstages erschien, um aktuell Berichten zu können.  Am nächsten Tag schrieb das Tageblatt ausführlicher, über zwei Seiten, über den Besuch des „Geenich“. „Der Zeiger der Bahnhofsuhr wies auf 12,32 Uhr, als der aus einer Maschine und vier Wagen zusammengesetzte Sonderzug mit dem königlichen Gaste  und den Herren des Gefolges, Staatsminister Graf Hohenthal und Bergen, Kreishauptmann Frhr. v. Welck, Generaladjutant v. Altrock und Major Eulitz, in die mit Tannengrün geschmückte Bahnhofshalle einlief.“
Begrüßt wurde der König vom Amtshauptamann Dr. Hübel, Bürgermeister Theodor Löscher, dem Oberamtsrichter Wiedner, Bezirksassessor von Zimmermann und einer Abordnung des Karabinier-Regimentes unter der Leitung des Oberst Frh. von Welck und seinem Adjudanten, Leutnant von Walther. Als erstes brachte der Männerchor Borna dem König ein Ständchen mit dem Lied „Segne Gott das Haus Wettin“.
Danach fuhr der König mit seinem Anhang mit einer Kutsche durch ein engstehende „Hurra“-rufende Menschenmenge zum Marktplatz. „Am Portal des Rathauses, unter dem Baldachin, trat Margarete Reiche, die Tochter des Herrn Stadtverordnetenvorstehers Reiche, begleitet von 12 Schülerinnen der Selekta dem erhabenen Gaste entgegen“ und gegrüßten ihn. Im Sitzungssaal des Rathauses hatten sich die Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden sowie der Bezirksausschuss eingetroffen, um dem König Friedrich August III. von Sachsen offiziell zu begrüßen. Die Rede hielt Bürgermeister Löscher. Dabei verwies er darauf, das aus Anlass dieses Festtages, die Stadtverordneten beschlossen haben, eine „König Friedrich August-Stiftung“ einzurichten und baten den König um Genehmigung der Namensgebung. Die Stiftung sollte den „alten unbescholtenen Personen beiderlei Geschlechts, die in Borna wohnen und das Bürgerrecht genießen, freies Unterkommen an ihrem Lebensabend zu gewähren.“ Der König bedankte sich: „Ich danke Ihnen sehr, Herr Bürgermeister, und allen den Herren, die sich zu Meiner Begrüßung hier versammelt haben ... Ich danke ganz besonders der Stadt dafür, daß man den heutigen Tag dazu benutzt hat, auch des ärmeren Teils der Bevölkerung zu gedenken. Ich bin darüber sehr erfreut und gebe gern Meine Erlaubnis dazu, daß die Zuwendung, die die Stadtvertretung aus Anlaß Meiner heutigen Anwesenheit in Borna einem bereits bestehenden guten Zwecke zuzuführen beschlossen hat, Meinen Namen trägt.“
Da ist es wohl Ironie der Geschichte, dass die Stadt Borna hundert Jahre später das „Jahr der Senioren“ begeht. Danach begab man sich wieder auf dem Marktplatz, wo die Vereine der Stadt, der Militärverein, die Schützengilde, die Freiwilligen Feuerwehren, der bergmännische Verein „Glück Auf“ und natürlich die „Gatzschaner“ Aufstellung genommen hatte.
Unter dem tobenden Beifall der Bornaer Bewohnerschaft begab man sich zum Hotel „Blauer Hecht“ wo eine Gewerbe- und Industrie-Ausstellung zu Ehren des Königs untergebracht war. Hier präsentierten sich sehr Anschaulich die Bornaer Firmen. Leider war nicht viel Zeit zum besichtigen der einzelnen Stände. Es zeigten sich das Dampfsägewerk Johann August Rose, die Brikettfabrik „Gewerkschaft Wilhelmschacht“ aus Gnandorf mit einer Kohlepyramide und Chamotteziegeln aus eigener Produktion. Des weiteren waren Vertreten die Ziegelei August Lehmann, die Emaille-Bilder-Fabrik von Ferdinand Hoppe, die Firma C.A. Weidmüller, natürlich die Instrumentenfabrikanten Heyl und Lindholm und die Buchdruckerei von Robert Noske.

König Friedrich August III (l.) bei der Abnahme der Parade der Vereine

Nachdem der König interessiert die Gewerbe- und Industrie-Ausstellung im Hotel „Blauer Hecht“ besucht hatte, wartete eine Überraschung auf ihn. „Unterdessen hatten eine größere Anzahl Mitglieder der beiden städtischen Turnvereine an der Giebelseite der Wache eine imposante  Leiterpyramide gestellt, mit der der Monarch beim Verlassen der Ausstellung erfreut wurde. S. Majestät hatte offensichtlich Gefallen an den geschmeidigen Gestalten und gab Herrn Geometer Schröter gegenüber seine Befriedigung über die gelungene Überraschung Ausdruck.“
Von hier aus ging es nun zur Stadtkirche, wo ihm Frl. Gertrud Richter, die Tochter des Superintendenten Richter, mit einem Blumenstrauß empfing. Nach einer Ansprache des Superintendenten und dem Dank des Königs, sang der Chor des Lehrerseminars unter der Leitung von Kgl. Musik-Direktor Oberlehrer Behr. Dem dank des „Geenichs“ war man gewiss. „Das prachtvolle Kunstwerk unseres geschnitzten Altarschreines fesselte des Königs Interesse ungemein, und bis ins einzelne ließ sich S. Maj. von Herrn Superintendenten diesen, sowie die Wandgemälde erläutern.“
Doch lange konnte er nicht verweilen, denn schon war der nächste Protokollpunkt vorgesehen, der Besuch des Karabinier-Regimentes. „In Erwartung Sr. Majestät hatte das Regiment auf der Kasernenstraße Aufstellung genommen. Die Eskadrons standen in zwei Gliedern neben einander, auf dem rechten Flügel das Trompeterkorps, neben diesem die Sanitätsoffiziere und oberen Beamten des Regiments.“ Der König schritt zusammen mit dem Regimentskommandeur Oberst Frhr. von Welck die Parade ab und begrüßte die Soldaten nach seiner Art mit einen kräftigen „Guten Morgen“. Hierauf besuchte er die neuen Kasernen mit seinen Wohnungen und Stallungen. Bei dem Besuch des Offizierkasinos fielen ihm besonders die wunderschön aufgestellten silbernen Kesselpauken auf.
Jetzt war endlich etwas verschnaufen angesagt, das Mittagsmahl im „Wettiner Hof“ wartete. An der Tafel saßen alle städtischen und staatlichen Vertreter sowie Abgeordnete der Vereine und des Karabinier-Regimentes, insgesamt 68 Gedecke. Mit dem Festmahl zu Ehren des Königs war der Königsbesuch in Borna beendet. Mit einen kurzen Besuch in Altstadt Borna, wo die hiesigen Vereine Aufstellung genommen hatten, begab er sich nach Prießnitz und weiter über Niederfrankenhain nach Geithain.
Für Borna war das der letzte Königsbesuch. Schon bald hatte „unser Geenich“ andere Sorge. Erst der Weltkrieg und dann musste er auch noch abdanken, nach dem die Arbeiter- und Soldatenräte in Deutschland die Macht übernommen hatten. Wer kennt den Spruch nicht, den er bei der Abdankung gesagt haben soll: „Na, da macht euern Dreck alleene!“ Trotzdem blieb er bei seinen Sachsen beliebt und als er am 18. Februar 1932 in Sibyllenort (Schlesien) verstarb, war die Trauer im Land groß. So kamen zu seiner Beerdigung am 25. Februar über 700 000 Trauergäste nach Dresden, das waren mehr als Dresden zu dieser Zeit Einwohner hatte. Wenn es nun auch die Republik gab, aber im Herzen lebte der „Geenich“ weiter und wenn er das gesehen hätte, da wäre ihn bestimmt wieder der alte Spruch eingefallen: „Na ihr seid mir scheene Republikaner!"